Wiesel - die kleinsten Raubtiere der Welt ganz gross
Wiesel – damit sind Hermeline und Mauswiesel gemeint – sind die kleinsten einheimischen Raubtiere. Das Mauswiesel ist sogar das kleinste Raubtier der Welt. Beide haben sich auf die Jagd auf verschiedene Wühlmausarten (Schermaus, Feldmaus, Erdmaus und Rötelmaus) spezialisiert. Beiden Wieseln gemeinsam ist, dass sie ein sehr verborgenes Leben führen. Auf der Jagd nach Mäusen bewegen sie sich vorwiegend unterirdisch in deren Gängen, im Winter auch oft unter der Schneedecke. Und wenn sie sich an der Erdoberfläche aufhalten, nutzen sie jegliche Deckungsmöglichkeit. Obschon sie nachts wie tagsüber aktiv sind, bekommt man sie deshalb auch in Regionen mit gesunden Wieselbeständen höchst selten zu Gesicht. Wiesel brauchen Jagdgebiete und in deren Nähe reichlich Verstecke als Schutz und für die Deckung sowie ungestörte Orte zur Erholung und für die Jungenaufzucht. Als Unterschlupf und Versteck eignen sich Ast- und Steinhaufen, Natursteinmauern, vielfältige Hecken sowie Feld- und Ufergehölze mit Strukturen und halbhoher Vegetation.
Diese Strukturen dienen nicht nur den Wieselarten, sondern ganz allgemein der Biodiversität. Ast- und Steinhaufen beispielsweise werden unter anderem von Reptilien (Zaun- und Waldeidechse, Schling- und Ringelnatter) und Igeln genutzt, während Hecken verschiedenen Vogelarten (Turmfalke, Neuntöter) Lebensraum bieten. Dadurch sind die Wiesel sogenannte Schirmarten, von Massnahmen zu ihrem Schutz (Schirm) profitieren viele andere Tiere und Pflanzen.
Engagement WWF
Das Ziel des WWF ist es, unserer Flora und Fauna in der Kulturlandschaft wieder einen Lebensraum zu bieten und ökologisch wertvolle Strukturen zu erhalten und zu erstellen. Der WWF setzt deshalb im Kanton Uri ein Förderprojekt für die beiden Wieselarten um, dies beinhaltet beispielsweise die Erstellung von Lebensraumaufwertungsmassnahmen (z.B. Asthaufen, Hecken) und von Vernetzungselementen (Holzbeige, Passagebaum). Diese strukturreichen Lebensräume und Vernetzungskorridoren kommen der Biodiversität ganz allgemein zu Gute.
Die Suche nach Wiesel
Wer hat schon mal ein Mauswiesel oder ein Hermelin gesehen? Über das Vorkommen und die Verbreitung dieser kleinen Raubtiere ist im Kanton Uri wenig bekannt. In der Datenbank von «info fauna», dem Schweizerischen Zentrum für die Kartografie der Fauna, finden sich seit 2008 gerade mal vier Nachweise für das Mauswiesel und 13 für das Hermelin. Der WWF Uri will etwas dagegen tun.
In den letzten Jahrzehnten ist das Wieselvorkommen (Hermelin und Mauswiesel) schweizweit stark rückläufig. Fachleute führen dies auf die intensivierte Landwirtschaft und die Siedlungsentwicklung zurück. Mit dem WWF Förderprojekt werden neben den obenerwähnten Massnahmen zur Verbesserung des Lebensraumes auch eine systematische Erhebung vorgenommen.
Die gängige Methode, um Wiesel zu finden, sind Spurentunnel aus Holz mit einem integrierten Stempelkissen und Papier. Beim Durchqueren der Holztunnel läuft das Wiesel über die Stempelkissen und hinterlässt auf dem anliegenden Papier Spuren. Diese können dann analysiert und verschiedenen Tieren zugeordnet werden.
Nachweise der flinken Jäger
Monitoring 2020
Das Monitoring findet nach Absprache mit (kantonalen) Fachleuten in vier ausgewählten Gebieten – in Attinghausen, dem Reussdelta, in Silenen und in Unterschächen – statt. In diesen vier Regionen wurden Anfang September jeweils zehn Spurentunnel platziert. Während sechs Wochen haben verschiedene Vorstandsmitglieder des WWF Uri wöchentlich die Tunnel aufgesucht, um die Spurenblätter auszutauschen. Die Spurenabdrücke auf den Blättern verraten dann, ob die flinken Wiesel oder auch andere Tiere sich in der Gegend herumtreiben (siehe Bild).
Die Resultate waren etwas durchzogen: wir konnten zwar kein Wiesel nachweisen, jedoch andere spannende Arten wie Iltis, Siebenschläfer, verschiedene Schwanz- und Froschlurche und sehr viele Mäuse. Es wurden uns aber aus der Bevölkerung mehrere Sichtbeobachtungen von Hermelinen gemeldet. Die Einschätzung von unserem Monitoring-Experten Adrian Dietrich (SWILD) zu den Resultaten des Spurenmonitorings: «Leider ist das ein Resultat, wie ich es auch von verschiedenen anderen Wieselförderprojekten mitbekommen habe. Ich habe den Eindruck, dass ihr das Spurentunnel-Monitoring sehr sorgfältig durchgeführt habt, daran sollte es nicht liegen. Allenfalls könnte überlegt werden, das Monitoring mit weiteren Methoden zu ergänzen, wie Meldungen von Fallwild und Sichtbeobachtungen.» Dies wollen wir nun mit einer Projektergänzung (Einführung «Wilde Nachbarn Uri») angehen. Umso wichtiger erscheinen aber grundsätzlich die Fördermassnahmen. Gerade auch weil von diesen Aufwertungen zu Gunsten der Wiesel viele andere Tierarten profitieren.
Nun steht ab Mitte April die zweite Monitoringphase an. Dafür werden dann wiederum 40 Spurentunnels in den vier Monitoringgebieten platziert und wöchentlich die Spurenblätter getauscht.
Monitoring 2021
Im zweiten Projektjahr standen vor allem die Planung der Aufwertungsmassnahmen und das Monitoring im Zentrum. Hauptziel war die «Planung und Umsetzung von Aufwertungsmassnahmen im Testperimeter, Erkenntnisgewinn für Hauptphase». Zwischen 1.7.2020 und 30.6.2021 konnten wir rund 50 «wieselgerechte» Strukturen erstellen in den Gebieten Flüelen, Reussdelta, Attinghausen und Schattdorf/Bürglen. Es handelt sich hauptsächlich um Asthaufen und einzelne Steinhaufen.
In den für das Monitoring ausgewählten Gebieten waren wir sehr aktiv. In rund 200 Stunden Freiwilligenarbeit kontrollierten die Vorstandsmitglieder des WWF Uri wöchentlich die Spurentunnel nach Wieselspuren. Dabei gelangen auch Nachweise von Hermelin, Mauswiesel und Iltis.
Im zweiten Projektjahr haben wir den ausgearbeiteten Perimeter für die Umsetzung der Massnahmen leicht angepasst. Das Gebiet Erstfeld(Ried) wurde aufgrund verschiedener Kriterien durch Gebiete oberhalb von Schattdorf und Bürglen ersetzt. Die Vorstandsmitglieder des WWF Uri haben während jeweils sechs Wochen die Spurentunnels kontrolliert, die Papierstreifen mitgenommen und neue Einlagen platziert. Die vierzig Standorte der Tunnel sind systematisch über vier Kilometerquadrate verteilt, je eines in Attinghausen, im Reussdelta, in Silenen und in Unterschächen.Die Spuren auf den Papierstreifen wurden danach zweimal von Experten analysiert und bestimmten Tieren oder Artgruppen zugeordnet. Die Resultate bestätigen die schweizweite Tendenz: In den 40 Spurentunnel konnte weder im Herbst 2020 noch im Frühling 2021 Abdrücke von Hermelinen identifiziert werden. Ein Nachweis gelang jedoch durch einen Kot Fund in Attinghausen. In Unterschächen konnte im Frühling 2021 ein Mauswiesel nachgewiesen werden, und an zwei Orten wurde im Herbst 2020 die Spuren von Iltissen gefunden. Im Reussdelta wurden Nachweise für Iltisse gefunden. Da wir zwar selbst keine Wiesel nachweisen konnten, jedoch viele Sichtbeobachtungen von Wieseln gemeldet bekommen haben, wollen wir nun die Suche systematischer aufnehmen. Mit dem Projekt "Wilde Nachbarn Uri" lancieren wir eine einfache Möglichkeit uns Beobachtungen mitzuteilen. Auf der Meldeplattform uri.wildenachbarn.ch oder mit der App «Wildtiere» können Wildtierbeobachtungen gemeldet werden.
Massnahmenumsetzung 2021
- Attinghausen
Bei zwölf Asthaufen wurden die Synergien zum Zauneidechsenprojekt genutzt, um die Asthaufen «wieselgerecht» zu gestalten. Das heisst bei der Erstellung haben wir neben der geeigneten Platzierung auch darauf geachtet, dass eine Aufzuchtkammer im Asthaufen integriert wird. Insgesamt werden wohl die meisten die Massnahmen Herbst/Winter 2021/2022 umgesetzt. - Flüelen
In Flüelen konnten 23 Asthaufen und zwei Steinhaufen erstellt werden. Abklärungen und Besprechungen für weitere Massnahmen laufen. - Reussdelta
Im Reussdelta haben wir bereits viele Massnahmen (v.a. Gehölzpflege) umgesetzt und so sind auch über zwölf Asthaufen mit Aufzuchtkammern entstanden. Weitere folgen im Herbst 2021. - Schattdorf / Bürglen
Nach Rücksprache mit dem Amt für Forst und Jagd konnten auch am Waldrand Massnahmen umgesetzt werden und mit Bewirtschaftern bis jetzt rund 10 Asthaufen erstellt werden.
Monitoring 2022
Im dritten Projektjahr standen neben dem Monitoring die Weiterführung der Aufwertungsmassnahmen und auch die Erstellung von Informations-Dokumenten über die Lebensweise und Bedürfnisse der Wiesel, sowie über die Erstellung von ökologische Aufwertungsmassnahmen im Vordergrund.
Im dritten Projektjahr wurde der Projektperimeter angepasst und um Seelisberg erweitert. In diesem Gebiet ist bei den Bewirtschaftern Interesse an der Errichtung von ökologischen Strukturen vorhanden. Ferner unterscheidet sich die geographische Lage von den bereits bestehenden Fördergebieten. Deshalb betrachten wir dies als spannende Ergänzung. Im Frühling 2022 konnte das dritte Monitoring plangemäss durchgeführt werden. Wie bereits in den beiden Jahren zuvor wurden in den vier Monitoring-Gebieten Attinghausen, Reussdelta, Silenen und Unterschächen je 10 Spurentunnel platziert und wöchentlich über sechs Wochen hinweg kontrolliert. Im Vergleich zu den Vorjahren, hinterliessen in diesem Jahr etwa nur halb so viele Tiere ihre Spuren in den Tunneln. Unter den gesammelten Abdrücken sind leider keine Hermelin- und Mauswieselspuren identifiziert worden. Auch andere Marderartige hinterliessen keine Trittsiegel. Am häufigsten fanden wir Spuren von Mäusen. Einen plausiblen Grund für die gesamthaft wenigen Tierspuren und die geringere Vielfalt haben wir auch mit den externen Experten nicht gefunden. Einige Tunnelstandorte mussten dieses Jahr verändert werden, da entweder der Standort wetterbedingt ungünstig war (weggeschwemmt bei Hochwasser) oder weil der Standort auf Wunsch der betroffenen Bewirtschafter verändert wurde.
Mithilfe des im September 2021 gestarteten Projekts "Wilde Nachbarn Uri" konnten mittlerweile 56 Tierbeobachtungen gemeldet werden. Darunter waren erfreulicherweise auch 5 Hermelinnachweise.
Massnahmenumsetzung 2022
- Flüelen & Attinghausen
Insgesamt wurden grossmehrheitlich Asthaufen errichtet. Diese werden von Landwirten gegenüber von Steinhaufen im Allgemeinen bevorzugt, da sie einfacher umzusetzen sind. In die Strukturen konnten «wiesel-gerechte» Brutkammern integriert werden. - Flüelen
In Seelisberg konnten wir erste interessierte Bewirtschafter für die Errichtung von ökologischen Strukturen gewinnen. Die Massnahmenumsetzung erfolgt voraussichtlich im kommenden Projektjahr.
Ausstellung 2022 in Altdorf
Als Teil dieses Förderprojekts für die beiden einheimischen Wieselarten Hermelin und Mauswiesel wurde Ende September die Wiesel-Ausstellung im Mehrzweckraum der Dätwyler Stiftung in Altdorf eröffnet. Anhand von Tierpräparaten, Infotafeln und Filmsequenzen wird das Wissen über Mauswiesel und Hermelin sowie die anderen einheimischen Marderarten, den Dachs, den Iltis oder Fischotter vermittelt. In der Ausstellung gab es Spannendes zu erfahren: So etwa, dass Hermeline und Mauswiesel flink und neugierig sind. Da sie jedoch viel Zeit unter der Erde verbringen, sehen wir sie kaum. Oder, dass sie die kleinsten einheimischen Raubtiere – das Mauswiesel gar das Kleinste der Welt – sind. Im Gegensatz zu Generalisten wie beispielsweise den Füchsen sind Hermeline und Mauswiesel Nahrungsspezialisten. Sie ernähren sich vorwiegend von Wühlmäusen. Bei Nahrungsknappheit müssen sie auch mal auf andere Mausarten, Vögel oder Insekten ausweichen. Dies bedeutet aber auch eine gewisse Abhängigkeit zwischen dem Vorhandensein der Nahrung und der Populationsgrösse der kleinen Räuber.
Population der Wiesel im Wandel
In der Schweiz nahm die Population der Wiesel ab dem Mittelalter mit dem Vormarsch der Wiesen- und Weidenlandschaft zuerst zu. Bis ins 20. Jahrhundert waren die Populationen stabil. Aufgrund von Verlust von geeigneten Lebensräumen, intensivierter Landwirtschaft, Siedlungsentwicklungen, neuer Infrastrukturbauten und der Bekämpfung von Schädlingen, wie etwa Mäusen, nahm die Population der Hermeline und Mauswiesel seither aber stetig ab. Die Nahrungskonkurrenz trägt massgeblich zur Begrenzung der Populationen bei. In Weissrussland wurde mit der Einführung von amerikanischen Nerzen eine Abnahme der Hermelinpopulation festgestellt. Wühlmäuse dienen Nerzen und Hermelinen als Nahrungsgrund lage. Aufgrund des vermehrten Auftretens der Nerze waren weniger Wühlmäuse für die Hermeline vorhanden. In der Schweiz sind Füchse, Greifvögel, Störche, Graureiher aber auch Hunde und Katzen die Nahrungskonkurrenten und gleichzeitig auch Fressfeinde der Wiesel. Hermeline und Mauswiesel sind empfindlich für die Verarmung der Landschaft. Die Siedlungsentwicklung, die heutige intensive Landwirtschaft und die damit einhergehenden leergeräumten Kulturlandschaften, in denen selten Kleinstrukturen wie Steinhaufen oder Hecken beobachtet werden können, führen zu einem Rückgang der Populationen der beiden Räuber. Die ausgeräumten Landschaften bieten vielen Tier- und Pflanzenarten keinen passenden Lebensraum mehr. Konkrete Aufwertungsmassnahmen wirken diesem Trend entgegen.
Willst du aktiv werden?
Wir sind immer wieder auf der Suche nach Freiwilligen, die sich entweder beim Monitoring engagieren und einmal pro Woche die Spurenblätter wechseln oder mithelfen bei anderen Aktivitäten wie beispielsweise das Erstellen von Förderstrukturen. Bist du interessiert? Dann melde dich bei uns!
Kontakt:
Fabian Haas gibt gerne Auskunft über das Projekt und Einsatzmöglichkeiten: fabian.haas @wwf. ch
- Magazinbeitrag: Flinke Wiesel - Aufwertungsmassnahmen im Kulturland (Seite 5)
- Magazinbeitrag: Die Suche nach flinken Wieseln (Seite 7)
- Bild vom Hermelin im Winterkleid (c) Stefan Gerth
- Bild vom Hermelin im Sommerkleid (c) Stefan Gerth
- Factsheet Wiesel Tim5 CB Final2 Print.pdf
- WWF Regiobeilage 04-22 web.pdf
- Monitoring 2020
- Monitoring 2021
- Monitoring 2022
- WWF Postkarte Wiesel A
- WWF Postkarte Wiesel B
- WWF Postkarte Wiesel C